In einer verschneiten Winterlandschaft läuft ein als Weihnachtsmann verkleideter Mann über einen zugefrorenen, mit Schnee bedeckten See und schiebt dabei einen Schlitten vor sich her, auf dem eine Frau - ebenfalls in Weihnachtsmannkostüm - sitzt. Beide he
Foto: fintouring.de/Paavo Hamunen

Rovaniemi

Rovaniemi ist das „Tor zur Arktis“ – die Stadt liegt direkt am nördlichen Polarkreis. Dieser markiert die südlichste Breite, an der die Sonne von Mitte Dezember bis Mitte Jänner stets unter dem Horizont bleibt. Die Hauptstadt von Lappland ist eine der größten Städte der Welt, flächenmäßig gesehen zumindest. Auf mehr als 8.000 Quadratkilometern – das ist fast so groß wie Kärnten – leben allerdings nur knapp über 60.000 Menschen.

Der wohl berühmteste Einwohner Rovaniemis ist der Weihnachtsmann. Ein paar Kilometer nördlich des Stadtzentrums hat Santa Claus im Weihnachtsmanndorf sogar ein ganzjährig geöffnetes Büro, samt Weihnachtsmann-Postamt. Alles in allem eine Art Disneyland des Nordens mit der Attraktion, dass man hier beglaubigt den Polarkreis überschreiten kann. Ho ho ho!

Wer es lieber ruhiger und natürlicher haben möchte, ist besser beraten, in der Umgebung seine Zelte aufzuschlagen. Im kalten Winter ist der hohe Norden des Landes ein Tipp für alle, die sich einmal so richtig den Kräften der Natur hingeben möchten.

Raus in die Natur

Von hier aus hat man auch die beste Gelegenheit für Ausflüge in die winterliche Naturlandschaft. Ob zu Fuß auf Schneeschuhen oder Langlaufschiern, mit der Kraft der Tiere bei einer Hunde- oder Rentierschlittenfahrt oder bei einem Ausritt mit Pferden – es gibt zahlreiche Anbieter geführter Touren in das arktische Winterwunderland. Wer die Natur und die Stille der Landschaft besonders intensiv erleben möchte, sollte sich auf eine Schneeschuhwanderung im Pallas-Yllästunturi Nationalpark begeben, etwa 220 Kilometer nördlich von Rovaniemi.

Wer hingegen mit Motorkraft durch die schneebedeckte Landschaft fahren möchte, kann dies auch mit elektrisch betriebenen Snowmobilen tun. Olli Haavikko hat diese als erster entwickelt, seine eSled-Touren starten beim ArcticSnowHotel seines Bruders Ville in Sinettä, etwa 30 Kilometer nördlich von Rovaniemi. Ville ist übrigens auch ein Tüftler. Als Student hatte er die Idee, ein Hotel aus Eis und Schnee zu bauen. Seither hat er bereits mehr als zehn solcher Hotels mit mittlerweile jeweils über 70 Eisbetten gebaut. Jedes Jahr ein neues an der Stelle, wo das alte im Sommer weggeschmolzen ist.

Jemand wandert dick in Winterkleidung eingepackt auf Schneeschuhen durch eine tief verschneite Landschaft im Dämmerlicht. Die Nadelbäume in der Umgebung sind unter den Schneehauben nur mehr umrisshaft zu erkennen. Der Himmel im Hintergrund ist Pastellgelb
Auf Schneeschuhen durch die klirrende Kälte. Foto: fintouring.de

Wenn der Himmel erwacht

Viele der geführten Touren finden in der Stille der Nacht statt – kein Wunder: Der absolute Traum vieler Menschen ist es, einmal im Leben das sagenumwobene und mystische Nordlicht zu sehen. Meist sind es gelbe und grüne Schleier, die über den nächtlichen Himmel tanzen und die Landschaft verzaubern. Es gibt das Polarlicht aber auch in den Farben Rot, Violett oder in einem bläulichen Ton. Selbst Orange und Magenta sind möglich.

Dabei haben diese Himmelserscheinungen gar nichts mit Mystik zu tun, sondern sind reine Physik. Sie entstehen, wenn Sonnenwinde mit energiegeladenen Teilchen auf das Magnetfeld der Erde treffen und von diesem abgelenkt werden. Kollidieren die Teilchen nun in der Magnetosphäre mit den Gasen aus der Ionosphäre, fangen die Sonnenwinde an zu leuchten. Manchmal für ein paar Minuten, dann wieder mehrere Stunden lang.

Die Formen der Himmelslichter sind sehr vielfältig. Einige sehen aus wie im Wind wehende Vorhänge, wie Nebelschwaden oder wie bewegliche Bänder, Schleifen, Spiralen oder Wellen, die über den Himmel tanzen. Andere stehen ähnlich wie ein Regenbogen still am Himmel oder leuchten wie ein einzelner Strahl über diesen hinweg. Besonders spektakulär sind die Koronas, die sich als Lichterkranz über den gesamten Nachhimmel erstrecken können.

Zu sehen sind die besonderen Lichter vor allem in der Nähe der Pole – rund um Nord- und Südpol. Besonders gut geeignet sind Gegenden ohne künstliche Lichtquellen, außerhalb von Ortschaften und entfernt von beleuchteten Gebäuden oder Straßen. Im finnischen Nordlappland, wo es viele Gegenden ohne Lichtverschmutzung gibt, sieht man Polarlichter in fast jeder zweiten sternenklaren Nacht zwischen September und März. Grundsätzlich ist das Nordlicht auch im Sommer vorhanden, wegen der hellen Mittsommernächte sind die leuchtenden Himmelsschauspiele aber nicht zu sehen. Neben der Jahres- und Tageszeit müssen auch das Wetter und die Sonnenaktivität passen. Das Meteorologische Institut Finnlands beobachtet diese und bietet Aurora-Vorhersagen. Sind Polarlichter zu erwarten, kann man diese Information über eine App am Smartphone abrufen oder eine SMS bekommen. Bei geführten Touren finden die Guides die besten Plätze zur Beobachtung. In Lappland gibt es außerdem viele Anbieter von Unterkünften mit Glasdach oder einer großen Glasfront, in welchen man traumhafte Nächte unter dem Sternenhimmel und den tanzenden Polarlichtern verbringen kann.

Einmal aufwärmen bitte!

Was in einer Geschichte über das Lappland nicht fehlen darf, ist die Sauna. Bei der Kälte wundert es nicht, dass es hier in fast jedem Haus eine gibt. Und in dieser ist es wirklich heiß. Wer die Aromasaunen aus den Wellnessbereichen unserer Hotels mit 60 bis 80 Grad Celsius gewöhnt ist, dem zieht es beim erstmaligen Besuch einer finnischen Sauna gefühlsmäßig fast die Haut herunter. Die Finn*innen beginnen offensichtlich erst ab 100 Grad zu schwitzen. Und das tun sie gerne in Gesellschaft: Bei Geschäftstreffen oder nach der Arbeit mit den Kolleg*innen, nach dem Vereinstreffen, mit der Familie oder mit Freund*innen. Was wir unter „chill out“ in einem Beisl mit einem kühlen Bier verstehen, findet dort in den Schwitzhütten statt. Nach dem Aufguss laufen dampfende Gestalten durch die Kälte und werfen sich ins eiskalte Wasser. Jetzt beginnt es am ganzen Körper zu kribbeln, aber das soll ja sehr gesund sein, wie uns Sebastian Kneipp schon lehrte. Zum Aufwärmen steht ein Bottich mit warmem Wasser bereit. Und dann gibt es doch auch noch ein kühles Bier.

Christian Brandstätter

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zuletzt geändert am 04.10.2024

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