Foto: Helmut Mitteregger

Uganda - eine Lebensreise

Begonnen hat die Reise, die mein Leben prägen sollte, im europäischen Jugendzentrum in Straßburg. An jenem Songcontest-Abend im Mai 1989, als Thomas Forstner „nur ein Lied“ zum Besten gab, lernte ich Michael kennen. Er lud mich ein, ihn in Uganda zu besuchen. Warum nicht?

Mitte Dezember startete das Abenteuer in Jinja. Ich durfte an der Bundesversammlung der ugandischen Katholischen Jugend teilnehmen, in der Michael aktiv war. Unter den rund 100 Jugendlichen war auch Douglas. „Was habt ihr noch vor, du und Michael? Kommt mich doch besuchen! Ich bin auf der High School in Masaka.“ Wir tauschten unsere Adressen aus.

Zwei Wochen war ich dann noch mit Michael in Uganda unterwegs. In vollkommen überfüllten Kleinbussen und auf der Ladefläche von Pickups tingelten wir vom Queen Elizabeth Nationalpark im Westen bis nach Tororo ganz im Osten des Landes. Ein paar Kilometer nördlich der Grenzstadt zu Kenia ist Michael in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Die Menschen lebten in Lehmhütten, eine zum Schlafen, eine zum Kochen, eine für die Kinder oder bei Bedarf für die zweite Frau. Auch ich bekam meine eigene geräumige Hütte. Michael hat sie kurz vor meiner Ankunft gebaut.

Drei runde Lehmhütte, davor ein knorriger Baum.
Mit Stroh gedeckte runde Lehmhütten findet man nur mehr in entlegeneren Dörfern. Foto: Christian Brandstätter

Im Herzen Afrikas

Nach den Strapazen der abenteuerlichen Reise durch das Land und dem Trubel in den Städten hatte ich das Gefühl, in einem anderen Afrika angekommen zu sein. Die Frauen schleppten das Wasser von einer zwei Kilometer entfernten Wasserstelle in Kanistern zu ihren Häusern, Strom gab es nur aus Batterien. Die Toilette eine kleine Hütte mit einem Schlitz im Boden, die „Dusche“ ein Schaffel mit etwas Wasser hinter einem Verschlag aus Stauden. Man lernt Genügsamkeit.

Hinter Büschen versteckt beobachteten die Kinder den „Muzungu“ – so nennen sie in Uganda die „Weißen“ – beim Waschen seiner Wäsche vor der neuen Hütte. Ein Außerirdischer mit heller Haut ist gelandet, viele hatten so etwas noch nie gesehen. Doch es dauerte nicht lange, bis sie mich einluden, mit ihnen zu kicken. Der Fußball war aus Fetzen geknüpft.

Fünf Männer sitzen rund um einen Tontopf. Zwei trinken mit einem ca. einen Meter langem Strohhalm daraus.
Chill out rund um einen Tontopf. Foto: Christian Brandstätter

Am Abend saßen die Männer im Kreis rund um einen Tontopf zusammen. Mit einem langen Strohhalm tranken sie daraus ein selbstgebrautes, bierartiges Gebräu aus Hirse. Ich war eingeladen und bekam meinen eigenen Strohhalm. Mir hat davor ziemlich gegraust, aber da musste ich jetzt durch. Ich hab dann, um ehrlich zu sein, auch nur so getan, als würde ich am Strohhalm saugen.

Zwei anscheinend nebensächliche Episoden aus meiner ersten Begegnung mit dem ostafrikanischen Land: Bei der Ankunft in Uganda titelten die Tageszeitungen mit der Meldung, dass Philly Lutaaya, ein bekannter Sänger aus Uganda, an AIDS gestorben ist. Bei der Versammlung der Jugendlichen mahnten Infoplakate vor einer Ansteckung mit dem HIV-Virus.

Wie ein Hilfsprojekt entstehen kann

Einige Monate später kam ein Brief von Douglas. Er habe seinen High School Abschluss geschafft, aktuell ziemlich viel Zeit, und sei sich nicht ganz sicher, was er in Zukunft machen solle. Ich lud ihn ein, mich in Österreich zu besuchen. Hier lernte er viele meiner Freund*innen kennen, erzählte ihnen von seiner Heimat und auch von den Problemen eines armen Landes in Afrika. Darunter waren auch die Schüler*innen aus der Maturaklasse des Stiftsgymnasiums Seitenstetten. Die haben dann spontan beschlossen, den Reinerlös des Verkaufes von Torten beim Elternsprechtag einem Hilfsprojekt in Uganda zu spenden. Aber welchem?

Douglas berichtete, dass in seiner Heimat aktuell das HIV-Virus grassiert, viele Menschen sterben und viele Kinder ihre Eltern verlieren. Er kenne da ein Waisenhaus, die könnten das Geld sicher dringend brauchen.

Kinder auf der Terasse des Waisenhauses. Darunter ein Schild mit der Aufschrift
Das Waisenhaus in Kampala war das erste Projekt, das wir unterstützt haben. Foto: Wolfgang Dall

Noch so eine kleine Episode am Rande: Als Douglas bei mir zu Gast war, habe ich zufällig sein Geburtsdatum gelesen. Er ist genau an dem Tag geboren, an dem mein Bruder bei der Geburt gestorben ist. Im Laufe der Jahre sind wir tatsächlich so etwas wie Brüder geworden. Douglas war mein Trauzeuge und auch ich hatte diese Ehre bei seiner Hochzeit.

Fact Finding Mission

Ein Jahr später bin ich mit neun Freund*innen nach Uganda aufgebrochen. Wir wollten uns ein Bild machen, was da wirklich los ist. Die „Daughters of Charity“, das ist das Waisenhaus, das wir mit der Seitenstettner Kuchenspende bedacht hatten, holten uns mit einem Kleinbus vom Flughafen in Entebbe ab. Mit vom Empfangskomitee waren zehn Kinder, die uns auf der Fahrt in die nahe Hauptstadt Kampala mit Trommeln und Gesang lautstark unterhielten. Jedes Kind trug eine Papierschleife mit einem Namen von uns am Kopf, um uns einen sehr persönlichen Empfang zu bereiten. Auf dem Kopfband der kleinen Rita stand „Brandy“ – sie kannten nur meinen Spitznamen.

Gruppe von Waisenkindern, dahinter ein geschmückter Baum.
Weihnachten im Waisenhaus. Ein buntes Fest und viele strahlende Kindergesichter. Foto: Claudia Schachinger

Eine Woche rund um Weihnachten lebten wir in diesem Waisenhaus und feierten den Heiligen Abend mit den Kindern. Ganz stolz präsentierte man uns, dass es jetzt einen Wasseranschluss gibt, für den sie unter anderem auch das Geld aus Seitenstetten genutzt hatten. Trotz allem waren die hygienischen Bedingungen katastrophal und es war für uns fast nicht auszuhalten, dort zu leben. Kakerlaken im ganzen Haus, Ratten schlichen nachts durch die Räume und mittendrin kleine Kinder, die zum Teil eng aneinander gekuschelt am Boden schliefen. Zwei waren HIV-positiv.

Obwohl wir uns auf das Thema HIV vorbereitet hatten, war das dann doch eine Herausforderung. Wir wussten, dass wir uns nicht anstecken können, wenn wir die Kinder in den Arm nehmen und liebevoll drücken. Aber wie ist das mit den Stechmücken, die in der Nacht von einem zum andern ziehen? Kein Problem, wie sich später herausstellte. Trotzdem waren wir erleichtert, als wir nach dieser Woche ins Landesinnere aufgebrochen sind.

Dorfhelfer*innen statt Waisenhäuser

In Masaka, rund 140 Kilometer südwestlich von Kampala, hat Douglas ein Treffen mit Vertretern der örtlichen Kirche arrangiert. Sie verfolgten einen anderen Zugang, die Waisenkinder zu unterstützen. Statt sie in Waisenhäuser zu stecken und damit von ihrer Heimat zu entwurzeln, sollten sie weiter in den Hütten ihrer Eltern leben können, begleitet von Dorfhelfer*innen, die mehrmals die Woche nach ihnen schauen. „Wir müssen nur wenige Jahre überbrücken, bis die älteren Kinder die Familie versorgen können“, schildert der Leiter des Projektes.

5 Kinder sitzen vor ihrem desolaten Lehmhaus.
Es ist besser, wenn Waisenkinder in ihrer gewohnten Umgebung aufwachsen können. In einem Waisenhaus werden sie aus ihrer Dorfgemeinschaft gerissen und es ist schwierig, dort später wieder Fuß zu fassen. Foto: Helmut Mitteregger

Wir durften Roberta einen Tag lang auf ihrer Tour begleiten. Zu Fuß gingen wir von Hütte zu Hütte, überall das gleiche Bild. Fünf Kinder, das älteste gerade einmal zwölf Jahre, sieben Kinder und eine greise Großmutter, usw. Unter den Bananenstauden hinter den Hütten die Gräber der Eltern. Roberta notierte in ihr Notizheft: Das Dach ist leck und muss ausgebessert werden, eines der Kinder hat Fieber, die Ziege gibt keine Milch, für zwei Kinder ist das Schulgeld fällig. In den nächsten Jahren sollten wir bei Vorträgen und Aktionen in Österreich Geld für dieses Projekt sammeln.

Reise durch ein wunderbares Land

Natürlich wollten wir bei unserer Reise auch die schönen Seiten der „Perle Afrikas“ entdecken. Unser Trip führte uns in den Lake Mburo Nationalpark, in das nebelige Kabale im Südosten des Landes, nach Kasese an Fuße des Rwenzori-Gebirges, nach Fort Portal, wo wir mit den Koordinator*innen der österreichischen Hilfsorganisation Horizont 3000 Silvester feierten und nach Ibanda, wo wir zur Hochzeit eines Onkels von Douglas eingeladen waren.

Gruppe von Elefanten.
Starke Begegnungen im Nationalpark. Foto: Christian Brandstätter

Und noch eine letzte kleine Episode am Rande: Bei meinen Aufenthalten in Uganda habe ich natürlich auch immer wieder das Waisenhaus in Kampala und Rita, das Mädchen mit meinem Namen auf der Papierschleife, besucht. Nach einigen Jahren hieß es dann, dass Rita nicht mehr da ist, weil sie von einer Frau aus Amerika adoptiert wurde. Erst viele Jahre später habe ich erfahren, dass die Frau aus Amerika Maureen Reagan hieß und Rita die Enkelin des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan wurde.

Und warum lese ich diese Geschichte auf einer Reiseplattform?

Du wirst jetzt sagen, dass das alles ja schon ewig lange her ist und dass man so eine Reise nicht buchen kann. Doch, man kann: Christoph Mülleder vom Reiseveranstalter „WELTANSCHAUEN“ organisiert Begegnungen mit Menschen, die man im Urlaub sonst nie treffen würde. Er besucht mit Gruppen kirchliche Hilfsprojekte und organisiert Treffen mit Vertreter*innen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Mitte Februar 2025 geht es nach Uganda und Ruanda, Anmeldeschluss ist bereits anfang November und hier gibt es die Infos dazu>>>

Und es gibt noch einen Grund: Uganda ist trotz der Armut, der man auf Schritt und Tritt begegnet, wenn man sich auf das Land einlässt, heute wie damals ein wunderbar schönes Land.

Üppiges Grün, Mais, Bananenblätter, ein rot blühender Baum. Darunter ein erfdarbener Weg auf dem einige Leute unterwegs sind.
Farbenprächtiges, wunderschönes, fruchtbares Uganda - ein Garten Eden in Ostafrika. Foto: Christian Brandstätter

Autor: Christian Brandstätter

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zuletzt geändert am 11.10.2024

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