Zurück ins Hausruckviertel
Kennst du das Hausruckviertel? Hier sagen sich nicht nur Fuchs und Hase Gute Nacht. Der Friedensweg, der grüne Wald und das Basteln mit gelbem Heu stärken Körper, Geist und Seele.
Zeitreisen gibt’s zwar noch nicht, aber eine Reise zu unseren Wurzeln ist eine nachhaltige Alternative. Meine Familie stammt zum Beispiel aus dem schönen Hausruckviertel, genauer gesagt aus Geboltskirchen. Schon als Kind habe ich da viel Zeit verbracht: Fast jeden Tag ging es mit meinen Großeltern in den Wald, eine Besonderheit dieses Viertels in Oberösterreich: Der Hausruckwald bildet mit dem Kobernaußerwald eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Mitteleuropas.
Was tun im Wald?
Der Wald hat für alle Altersklassen einiges zu bieten: Viele Wildtiere wie Hasen und Rehe zeigen sich schon bei kurzen Spaziergängen, Themenwege mit liebevoll gestalteten Stationen wie der Naturerlebnisweg Trattnach-Ursprung sorgen für Abwechslung beim Waldbaden und bei einer Fotosafari können Kinder mit eigener Kamera ihren Blick auf die Natur festhalten. Für größere Kinder sind Bogenschießen zwischen Bäumen oder Klettern in einem baumfreundlichen Kletterpark eine tolle Konzentrationsübung.
Ganz nebenbei verbringt man so einige Stunden mitten im Wald. Da wir Menschen biophil sind, brauchen wir den direkten Kontakt zur Natur, am besten täglich – und das Hausruckviertel bietet dafür das ganze Jahr über viele Möglichkeiten.
Waldbaden ist angesagt
Die Geräusche des Waldes, der Duft der Bäume und die vielen Grünschattierungen prägen meine Kindheitserinnerungen. Dass ich damals ein Waldbad genommen habe, ist mir erst heute bewusst. Waldbaden ist ein Begriff aus Japan und meint das „Eintauchen in die Waldatmosphäre“, erklärt Mag.a Ulli Felber vom Institut für Waldbaden. Sie hat sich mit ihrem Team ganz dem Wald verschrieben – denn er stärkt unser Immunsystem, baut Stress ab, fördert die Konzentration und senkt Bluthochdruck.
Andererseits kann man sich im Wald auch einfach dem inneren Sammeltrieb hingeben: Wer auf Schwammerlsuche gehen möchte, ist im Hausruck- und Kobernaußerwald gut aufgehoben. „Wenn das Wetter passt, findet man unter Birken den guten Birkenpilz. Am Waldrand finde ich oft große Parasolpilze – paniert schmecken sie herrlich – und dort, wo auch der Fliegenpilz steht, Steinpilze. Wichtig ist, mit offenen Augen zu wandern“, rät Heubastlerin Annamaria Raab, die zur Heuernte viel im Wald unterwegs ist. Als echte Schwammerlsucherin verrät sie ihre Fundplätze natürlich nicht – wohl aber, was man alles mit dem Heu basteln kann. Annamarias Produktpalette reicht von Heutieren über Brotkörberl bis zu sehr bequemen Schuhen.
Im Hausruckviertel gibt es viele Vereine, die Kurse anbieten, vom Krippenschnitzen bis zum Brotbacken. Wenn man nicht unter Heuschnupfen leidet, ist das Arbeiten mit Heu bei Annamaria himmlisch. Es duftet und raschelt, die Hände schaffen etwas Schönes, nebenbei wird geplaudert. Nicht nur Kinder lieben es, mit dem Naturmaterial zu basteln. Und die kreativen Werkstücke tragen den würzigen Duft aus dem Hausruckviertel mit nach Hause.
Ein Dorf voller Pferde
Am Südhang des Hausruckwaldes liegt das Reiterdorf Ampflwang, ein Ort, in dem fast mehr Pferde als Menschen wohnen. Hier liegt auch das Reitzentrum Hausruckhof, das größte Islandpferdegestüt Österreichs. Pferde trifft man im Hausruckviertel oft, es gibt viele Ställe und Reitbetriebe – zum Beispiel den Familienbetrieb Pichler in Geboltskirchen, gleich neben dem Haus meiner Großeltern, in dem ich mit meiner Familie immer wieder schöne Aktiv-Urlaube erlebe.
Sieben auf einen Streich
Noch haben wir aber weder etwas von einem Haus noch vom rätselhafteren „ruck“ gehört. Das Viertel hat seinen Namen der gleichnamigen Hügelkette des österreichischen Alpenvorlandes zu verdanken, für das wiederum „Hunesrucke“, der Rücken eines Riesen, namensgebend war. Die weniger märchenhafte Geschichte des Hausruckviertels ist von Bauernkriegen und Kohlevorkommen geprägt. Zwar wird heute keine Kohle mehr abgebaut, in Bergwerksmuseen wie im Bahnhof Scheiben kann man sich in diese vergangene Zeit aber hineinfühlen. Daneben locken Rad-, Reit- und Wanderwege, Langlaufloipen und idyllische Badeseen, einen ruhigen, aktiven Urlaub zu verbringen. Aktivitäten wie der Waldhochseilpark Goruck schärfen unser Gefühl dafür, den nächsten Schritt ganz bewusst zu setzen und seine Folgen zu bedenken – eine nachhaltige Herangehensweise. Dazu trägt auch die besondere Atmosphäre im Hausruckviertel bei, so Ines Preuer vom Tourismusverband Hausruckwald: „In heutigen Zeiten, wo alles so schnelllebig geworden ist, bietet allein der Blick auf die Landschaft Beruhigung und Ausgleich. Wir sind eben keine Region, die vom Tourismus überrannt wird. Der Hausruckwald hat eine gewisse Ruhe, die auch die Bewohner*innen hier sehr schätzen.“
Auch der Wunsch nach Frieden hat im Hausruckviertel Geschichte, denn hier war ein ehemals heiß umkämpftes Grenzgebiet zwischen Österreich und Bayern.
Wo beginnt aber der Friede?
Vermutlich im Gehen, schließlich ist unser Körper für diese Bewegung gemacht. Miteinander gehen schafft die Basis für gute Gespräche, Schritt für Schritt. Das zeigt auch der Friedensweg nach Wolfsegg, einem Luftkurort auf 700 Meter Höhe. Dort angekommen hat man dann nicht nur im übertragenen, sondern auch im wortwörtlichen Sinne Weitblick: Bei gutem Wetter sieht man bis ins Alpenvorland, vom Ötscher bis in die Salzburger Berge, wie es auch schon Schriftsteller Thomas Bernhard beschrieb. Das Schloss Wolfsegg spielt auch in seiner Literatur eine Rolle und eines seiner Häuser in der Hausruckviertler Gemeinde Ottnang kann nach Voranmeldung besucht werden.
Die eigenen Wurzeln bereisen
Eine Reise zu den eigenen Wurzeln kann ich nur empfehlen. Besuchen wir jene Orte, wo unsere Großeltern gelebt haben, entdecken wir nicht nur schöne Landschaften. Wir können dabei auch den Einflüssen unserer Vorfahren nachspüren. Mein Großvater hätte sich bestimmt sehr über das Interesse am Hausruckviertel gefreut.
Autorin: Sandra Obermair
Die Tourismusregion Hausruckwald besteht aus den Orten Bad Schallerbach, Gallspach, Geboltskirchen, Grieskirchen, Haag am Hausruck, Wallern und Zell am Moos. Die Vermittlung des Hausruckviertels und seiner Geschichte lag auch meinem Großvater am Herzen, er war Mitbegründer des Haager Heimatmuseums in Schloss Starhemberg – übrigens ein toller Ausflugstipp.
Anreisen & Herumkommen
Mit dem Zug bis Wels, Vöcklabruck, Attnang-Puchheim oder Lambach, dann weiter mit dem Bus, dem Shuttle-Service der Gasthöfe und Hotels oder per Carsharing (z. B. Rail & Drive ab dem Bahnhof Attnang-Puchheim). Im Urlaub braucht man im Hausruckviertel also nicht unbedingt ein eigenes Auto – wählt man die Location gut aus, kann man auch mit Kind und Kegel die Gegend gut zu Fuß oder per Fahrrad erkunden – das entschleunigt!
Beim Gepäck gilt: Weniger ist mehr. Funktionskleidung und gute Schuhe sind empfehlenswert.
Unterkünfte
Familienbetrieb mit schönem Hotel samt Naturpool, Reiterhof und Gasthof. Das Salatbuffet für die Urlaubsgäste ist wirklich umfangreich, auf Anfrage gibt es vegane Speisen. Vielfältiges Ausflugsprogramm, ideal für den Familienurlaub.
Weitere Infos
Buchtipp
"Von Gerbrulteskirch zu Geboltskirchen"
Irene und Christian Keller: Eine umfassende Geschichte über den Ort, das Hausruckviertel und was Heimat für uns persönlich bedeutet.
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zuletzt geändert am 08.02.2024