Ein festlich beleuchteter Platz in Athen bei Nacht. Gebäude mit Säulen, Grünflächen, Palmen und Springbrunnen. Der Himmel ist in tiefes dunkelblau getaucht, rechts im oberen Eck sieht man einen vollen Mond. Am Horizont ein bewaldeter Hügel, ebenfalls mit
Foto: Y. Skoulas

Winter in Athen

Das Zentrum von Athen beherbergt auf nur 39 Quadratkilometern um die 650.000 Einwohner, inklusive Umland leben hier schätzungsweise fünf Millionen Menschen. Das Klima ist trockener und wärmer als im Rest des Landes. Aber nicht nur die wärmende Sonne macht eine Winterreise nach Athen empfehlenswert.

Während der Weihnachtsmann bei seinen Rentieren in Rovaniemi wohnt, ist Nikolaus von Myra ein Grieche. Naja, zumindest sein Name ist griechisch. Er wirkte in der kleinasiatischen Region Lykien, das war damals ein griechischsprachiger Teil des römischen Reiches in der heutigen Türkei. Somit ist er genau genommen vielleicht auch Römer oder Türke. Gesichert ist jedenfalls, dass der Heilige Nikolaus in Griechenland einen wohltätigen bischöflichen Nachfolger gefunden hat, an dessen Namenstag, am 1. Jänner, Weihnachtsgeschenke verteilt werden. Der Heilige Vassilios ist Schutzpatron der Kinder und der Schifffahrt — er kam der Legende nach mit dem Schiff über das Meer nach Griechenland.

So wie früher viele Griechen, die als Seeleute oder Reisende unterwegs waren und die Weihnachtstage zu Hause bei ihren Familien feierten. Deshalb werden an vielen öffentlichen Orten in Griechenland zur Weihnachtszeit mit Lichterketten geschmückte Schiffe aufgestellt, zum Beispiel am Syntagma-Platz. Den größten Platz des modernen Athen schmücken rund um Weihnachten ein funkelndes Segelschiff und ein riesiger beleuchteter Tannenbaum.

Weihnachten und Jahreswechsel in Athen

In Griechenland wird Weihnachten als geselliges, familiäres Fest mit vielen besonderen Bräuchen gefeiert. Am Abend des 24. Dezember entzünden die Griechen ein zwölftägiges Weihnachtsfeuer. Es soll die Kalikantzeri fernhalten — verfressene Kobolde, die von den Düften der Festtagsvorbereitungen hervorgelockt werden und dann ihr Unwesen treiben. Am Heiligen Abend, der am 25. Dezember gefeiert wird, kommt das größte und beste Holzscheit in den Kamin, um das Jesuskind zu wärmen. An diesem Tag feiern die Griechen das Weihnachtsfest im Kreis ihrer Familie.

Bei der griechischen Variante des Sternsingens ziehen Kindergruppen am 24. und 31. Dezember und am 6. Jänner durch die Straßen, läuten an den Türen ihrer Nachbar*innen und bitten um Einlass. Begleitet von einer Triangel singen sie die Kalanda, ein traditionelles Weihnachtslied, und werden mit Süßigkeiten oder Geld belohnt.

Am Silvesterabend, dem Abend vor Protoxronia (Neujahr) sitzen die Athener*innen gern bei Glücksspielen zusammen. Wer jetzt gewinnt, dem wird das neue Jahr besonders viel Glück bescheren. Um Mitternacht wird die Vassilopita angeschnitten, das ist der Neujahrskuchen mit einer eingebackenen Münze. Wer diese in seinem Kuchenstück findet, dem winkt im neuen Jahr besonders viel Glück. Der Brauch geht auch auf Bischof Vassilios zurück, der Kuchen mit eingebackener Münze an die Armen verteilen ließ. Nach dem mitternächtlichen Silvesterfeuerwerk geht man in Athen gern in eine Bousoukia auf einen Drink oder spielt am Esstisch weiter Karten bis zum Sonnenaufgang.

Höhepunkt des Weihnachtsfestes ist die „Große Wasserweihe“ am 6. Jänner. Im griechisch-orthodoxen Kirchenjahr gedenkt man an diesem Tag der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer. Der Priester segnet das Wasser und wirft abschließend ein goldenes orthodoxes Kreuz ins Meer. Die Zuschauer werfen sich in Badeanzügen ins kalte Wasser, um das Kreuz herauszufischen. Wer das Kreuz herausfischt, wird vom Priester gesegnet. Dazu läuten sämtliche Glocken und die Schiffe im Hafen begleiten das Schauspiel mit Schiffsglocken, Pfeifen und Nebelhörnern. Und dann werden die nervenden Kalikanzari wieder in die Unterwelt geschickt.

Ein Hauptplatz bei Nacht. Im Zentrum steht ein geschmückter Weihnachtsbaum, links und rechts Festbeleuchtung in Form von wogenden Wellen.
Festbeleuchtung, Weihnachtsbaum und Wellen. Foto: iStock/volk65

Athen im Winter

In der Stadt herrscht eine ganz besondere Stimmung, bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. „Alles blüht, die Mandarinen hängen auf den Bäumen und du gehst über den festlich dekorierten Platz, bekleidet mit einer dünnen Jacke“, schwärmen Martina und Ulli von ihrem Ausflug ins winterliche Athen. „Es war eine großartige Idee, die Stadt im Dezember zu besuchen.“

Und das hat mehrere Gründe: Die griechische Hauptstadt ist zu jeder Jahreszeit laut, quirlig, historisch und sehenswert. Im Sommer sind die hohen Temperaturen oft unerträglich, viele Griechen haben im August frei und flüchten aus der Stadt. Doch die meisten Touristen kommen im Sommer nach Athen, oft auf der Durchreise auf die Inseln. Vor den Sehenswürdigkeiten der Stadt bilden sich lange Schlangen, wer die Akropolis erklimmen will, muss sich bei über 40 Grad seinen Weg durch die Touristenmassen bahnen. Im Winter hingegen kann man die vielen historischen Stätten im eigenen Tempo besuchen.

Athen hat viele Sehenswürdigkeiten, die die Jahrtausende alte Geschichte der historischen Stadt erzählen. Nah beim Eingang zur Akropolis steht das Akropolismuseum mit einer der weltweit größten und wertvollsten Sammlungen antiker griechischer Kunst. Plexiglas-Fenster im Boden geben den Blick auf die Überreste darunterliegender Bauwerke frei. Viel Neues in Athen ist auf den Ruinen des Alten aufgebaut. Im Sommer strömen die Massen in das klimatisierte Museum. Im Winter kann man sich in aller Ruhe die Statuen anschauen und die Farben und die uralte Geschichte auf sich wirken lassen. Das gilt auch für alle anderen Museen der Stadt, das Archäologische Nationalmuseum, das Historische Museum, die Nationalgalerie, das Goulandris-Museum für zeitgenössische Kunst.

Ein teilweise verfallenes Bauwerk aus Säulen aus hellem Gestein auf einer Erhöhung. Der Himmel ist voller weißer Bewölkung, nur wenige Flecken Blau scheinen durch. Die wenigen Touristen im Bild sind mit langen Hosen, Jacken und Hauben bekleidet.
Im Winter kann man die vielen historischen Stätten im eigenen Tempo besuchen. Foto: Yoav Aziz/unsplash

Das Athen der Athener

Im Winter gehört Athen ganz den Griechen — der Gast darf mitleben und kann das nicht-touristische Treiben in der Metropole entdecken, etwa in Pangrati mit seinen verwinkelten Gassen und belebten Plätzen. Oder in einem Hamam im Viertel Plaka. Während die Finnen bei 100 Grad in der Sauna schwitzen, hat das osmanische Reich seine Spuren in Form von traditionellen Hamam-Bädern hinterlassen, die man hier in der kühleren Jahreszeit besonders gern genießt. Im Hamam in Petralona erklingt manchmal Rembetiko, der griechische Blues.

Live-Musik gibt es oft in den Koutoukia zu hören, den Kellerlokalen mit wenigen, bodenständigen Gerichten. Es lohnt sich, die feinen kulinarischen Genüsse der Stadt zu entdecken. Die Auswahl an authentischen Tavernen, guten Restaurants und Geschäften mit Spezialitäten ist riesig und in den Wintermonaten findet sich immer ein Platzerl zum Genießen und Entspannen. Auf vielen Athener Plätzen kann man auch im Dezember im Freien essen. Cafés, Bars und Clubs sind Tag und Nacht voller Leben. Hier mischen die besten Barkeeper Griechenlands Ouzo, Raki und Mastix zu köstlichen Drinks.

Beate Steiner

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zuletzt geändert am 04.10.2024

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