Frauen wandern anders
Naturgenuss statt Höhenmeter, bewusste Langsamkeit statt Schnelligkeit, Neues entdecken statt den eigenen Highscore übertreffen: Frauen und Männer ticken anders, auch beim Wandern.
Steht bei Männern oft das rasche Erklimmen des Gipfels im Vordergrund, so sind es bei vielen Frauen nicht die Gehzeit oder die zurückgelegten Kilometer, die am Ende zählen. Ihnen geht es um‘s Kraft tanken an der frischen Luft, darum den Körper sanft in Bewegung zu bringen, die Gedanken los zu lassen und Zeit für sich selbst zu haben. In den Wanderhotels sind es daher häufig die Chefinnen, die als geprüfte Wanderführerinnen ihren weiblichen – und auch männlichen - Gästen die Bergwelt näher bringen.
Den eigenen Rhythmus spüren
So wie Juniorchefin Eva Burgschwaiger vom Vital-Hotel Post in Dienten am Hochkönig. Kurz beim zügigen Schritt den Körper fordern, dann wieder im gemächlichen Tempo die Stille am Klingspitz, einem der höchsten Grasberge Europas, bewusst wahrnehmen. Das ist eine ihrer Lieblingstouren. Blickt sie aufs Hochkönigsmassiv, wird sie ruhig und dankbar „Das Wandern ist ein perfekter Ausgleich zum stressigen Alltag. Tempo raus nehmen lohnt sich. Wir sollten öfters stehen bleiben, tief einatmen, den Ausblick und die Natur genießen. Erst dann offenbaren sich einem die wirklichen Wunder der Bergwelt.“
Bloß kua Stress
Das ist auch das Motto von Ramona Zimmermann vom Wanderhotel Lumberger Hof im Tannheimer Tal. Jeden Montag startet sie mit einer gemütlichen Hüttentour in die Woche. „Es geht nicht darum, zehn Minuten schneller am Ziel zu sein. Ich sehe beim Gehen nicht permanent auf die Uhr. Trotzdem habe ich es immer früh genug nach Hause geschafft.“ In die Ferne blicken. Im Gras sitzen. Die gute Luft schmecken. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. Sie selbst wandert gern zur großen Schlicke. Dazu fährt sie schon mit der ersten Gondel hinauf auf das Füssner Jöchle, wo sich auf der Höhe der Weg zwischen Latschen und ein paar Felsen bis zum Gipfelkreuz schlängelt. „Um diese Uhrzeit ist niemand unterwegs, nur die Gämsen.“
Genusswandern
Auch schon früh am Morgen führt Julia Walchhofer vom Land- und Wanderhotel Alpenhof in Filzmoos ihre Gäste hinauf aufs Gseng. In einer Stunde ist die Alm erreicht, wo bereits ein uriges Frühstück wartet – mit selbst gemachtem Brot, Butter, Joghurt und Knoblauchkäse. Wer weiter gehen möchte, ist bald am Gerzkopf. In diesem Naturschutzgebiet mit Moorlandschaft gibt es nach dem Genussfrühstück auch noch herrliche Ausblicke zu genießen. „Draußen sein, frische Luft schnappen und die warme Sonne auf der Haut spüren, ist ein Glück. Jedes Mal ist diese Wanderung ein Geschenk“, schwärmt Walchhofer.
Entdeckungen am Wegesrand
Die Landschaften im Naturpark Fanes in Südtirol sind märchenhaft. Silvia Kostner vom Wanderhotel Posta Zirm rät daher ihren Gästen, auch links und rechts zu schauen statt dauernd nur das Ziel vor Augen zu haben. Jede Woche wandert sie vorbei an übermütigen Wasserwegen, mächtigen Gipfeln und bizarren Felsentürmen. „Das Schönste am Wandern ist die Ruhe und Zeit, die ich mir selbst gönne, um zu genießen“, sagt die Südtirolerin. Das Entdecken ist auch für Silvia ein Grund zum Wandern. „Selbst Wege, die ich schon etliche Male gegangen bin, bieten immer wieder etwas Neues, das ich vorher noch nie bemerkt habe.“ Wer mit ihr wandert, schenkt der Natur und sich selbst seine Aufmerksamkeit. „Es geht nicht um steinerne Gipfel, sondern um Gipfel der Gefühle“, verrät sie nach der Wanderung bei einem Glas Gewürztraminer.
Neidisch, liebe Männer. Unter uns gesagt: Wir müssen nicht immer die Ersten und Schnellsten sein und können uns gerne anschließen.
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zuletzt geändert am 19.08.2020