Lappland – kalt und heiß im Norden Finnlands
Finnland ist von Natur aus kein Ziel für den Massentourismus. Im kalten Winter ist der hohe Norden des Landes ein Tipp für alle, die sich einmal so richtig den Kräften der Natur hingeben möchten.
Rovaniemi, auch als „Tor zur Arktis“ bezeichnet, ist die Hauptstadt von Lappland und ist eine der größten Städte der Welt – flächenmäßig gesehen zumindest. Auf mehr als 8.000 Quadratkilometern – das ist fast so groß wie ganz Kärnten – leben allerdings nur knapp über 60.000 Menschen. Rovaniemi liegt direkt am nördlichen Polarkreis. Dieser markiert die südmöglichste Breite, an der die Sonne für 24 Stunden unter oder über dem Horizont bleibt – dieses Phänomen ist auch als Mitternachtssonne im Sommer oder Polarnacht im Winter bekannt.
Dabei ist die Vorstellung, dass es im Winter durgehend dunkel ist, völlig falsch. Das gilt nur für den Zeitraum von Mitte Dezember bis Mitte Jänner. Schon ab Mitte Februar dreht sich das. Auf einmal hat man mehr Sonnenstunden als in Mitteleuropa, weil sich die Tage rasch in Richtung Mittsommer bewegen. Im April - da ist hier auch noch Winter - sind es schon 19 Sonnenstunden am Tag - das Dämmerungslicht noch gar nicht mitgezählt.
Aus Rovaniemi kommen zahlreiche bekannte Wintersportler. Der wohl berühmteste Einwohner Rovaniemis ist jedoch der Weihnachtsmann. Ein paar Kilometer nördlich des Stadtzentrums im Weihnachtsmanndorf hat Santa Claus sogar ein ganzjährig geöffnetes Büro, samt Weihnachtsmann-Postamt. Alles in allem eine Art Disney-Land des Nordens mit der Attraktion, dass man hier beglaubigt den Polarkreis überschreiten kann. HoHoHo! Wer es lieber ruhiger und natürlicher haben möchte ist besser beraten, in der näheren Umgebung seine Zelte aufzuschlagen.
Raus in die Natur
Von hier aus hat man auch die beste Gelegenheit für Ausflüge in die winterliche Naturlandschaft. Ob zu Fuß auf Schneeschuhen oder Langlaufschiern, mit der Kraft der Tiere bei einer Hunde- oder Rentierschlittenfahrt, bei einem Ausritt mit Pferden oder mit einem Snowmobil. Es gibt zahlreiche Anbieter für geführter Touren in das arktischen Winterwunderland. Ein Tipp für alle, die die Natur und die Stille der Landschaft besonders intensiv erleben möchten ist eine Schneeschuhwanderung im Pallas-Yllästunturi Nationalpark, etwa 220 Kilometer nördlich von Rovaniemi.
Wer mit Motorkraft durch die schneebedeckte Landschaft fahren möchte, kann dies auch mit elektrisch betriebenen Snowmobilen tun. Olli Haavikko hat diese als erster entwickelt, seine eSled-Touren starten beim ArcticSnowHotel seines Bruders Ville in Sinettä, etwa 30 Kilometer nördlich von Rovaniemi. Ville ist übrigens auch ein Tüftler. Als Student hatte er die Idee, ein Hotel aus Eis und Schnee zu bauen. Seither hat er bereits mehr als zehn solcher Hotels mit mittlerweile jeweils über 70 Eisbetten gebaut. Jedes Jahr ein neues an der Stelle, wo das alte im Sommer weggeschmolzen ist. Sein Hotel in Sinettä ist sogar mit dem Label "Sustainable Travel" zertifiziert, wobei bei "nachhaltig" hier sicher nur den ökologische Aspekt gemeint ist.
Polarlicht
Viele der geführten Touren finden in der Nacht statt, auf der Suche nach ganz besonderen Himmelsereignissen. Der absolute Traum vieler Menschen ist es, einmal im Leben das sagenumwobene und mystische Nordlicht zu sehen. Meist sind es gelbe und grüne Schleier, die über den nächtlichen Himmel tanzen und die Landschaft verzaubern. Es gibt das Polarlicht aber auch in den Farben Rot, Violett bis in einen bläulichen Ton. Selbst Orange und Magenta sind möglich.
Dabei haben diese Himmelserscheinungen so gar nichts mit Mystik zu tun, sondern sind reine Physik. Sie entstehen, wenn Sonnenwinde mit energiegeladenen Teilchen auf das Magnetfeld der Erde treffen und von diesem abgelenkt werden. Kollidieren die Teilchen nun in der Magnetosphäre mit den Gasen aus der Ionosphäre, fangen die Sonnenwinde an zu leuchten. Manches Mal für ein paar Minuten, dann wieder mehrere Stunden lang.
Die Formen der Himmelslichter sind sehr vielfältig. Einige sehen aus wie im Wind wehende Vorhänge, andere sind stehende Polarlichtbögen, ähnlich einem Regenbogen. Wieder andere tanzen als bewegliche Bänder in Form von Schleifen, Spiralen oder Wellen über den Himmel. Es gibt sie auch als Schleier, Strahlen oder Nebelschwaden. Besonders spektakulär sind die Koronas, die sich als Lichterkranz über den gesamten Nachhimmel erstrecken können.
Zu sehen sind die Polarlichter am besten in der Nähe der Pole. Mit anderen Worten am Nordpol und Südpol. Besonders gut geeignet sind Gegenden ohne künstliche Lichtquellen, also außerhalb von Ortschaften und entfernt von beleuchteten Gebäuden oder Straßen. Im finnischen Nordlappland, wo es viele Gegenden ohne Lichtverschmutzung gibt, sieht man Polarlichter in fast jeder zweiten sternenklaren Nacht zwischen September und März. Grundsätzlich ist das Nordlicht auch im Sommer vorhanden, wegen der hellen Mittsommernächte sind die leuchtenden Himmelsschauspiele aber nicht zu sehen.
Um den Lichtertanz erleben zu können müssen viele Faktoren passen. Neben der Jahres- und Tageszeit müssen auch das Wetter und die Sonnenaktivität passen. Das Meteorologische Institut Finnlands beobachtet die Sonnenaktivität und bietet Aurora Vorhersagen. Sind Polarlichter zu erwarten kann man diese Info über eine App am Smartphone abrufen oder der Veranstalter schickt eine SMS, dass es jetzt bald losgehen wird. Bei geführten Touren finden die Guides die besten Plätze zur Beobachtung. In Lappland gibt es außerdem viele Anbieter von Unterkünften mit Glasdach oder einer großen Glasfront, in welchen man traumhafte Nächte unter dem Sternenhimmel und den tanzenden Polarlichtern verbringen kann.
Sauna
Was in einer Geschichte über Lappland nicht fehlen darf ist die Sauna. Denn es ist kalt am Polarkreis. Eiskalt. Die Temperatur sinkt im Winter auf minus 20 Grad Celsius, was nur dank der trockenen Luft gut auszuhalten ist. Wen wundert es da noch, dass es hier in fast jedem Haus eine Sauna gibt, die auch mehrmals täglich besucht wird. Und dort ist es wirklich heiß. Wer die warmen Aromasaunen aus den Wellnessbereichen unserer Hotels mit 60 bis 80 Grad Celsius gewöhnt ist, den zieht es bei einem erstmaligen Besuch einer finnischen Sauna gefühlsmäßig fast die Haut herunter. Die Finnen beginnen offensichtlich erst ab 100 Grad zu schwitzen - und das nicht selten mehrmals täglich.
Und sie tun das gerne in Gesellschaft: Bei Geschäftstreffen oder nach der Arbeit mit den Kolleg*innen, nach dem Vereinstreffen, mit der Familie oder mit Freunden. Was wir unter „chill out“ in einem Beisl mit einem kühlen Bier verstehen, findet dort in den Schwitzhütten statt. Nach dem Aufguss laufen dampfende Gestalten durch die Kälte und werfen sich ins eiskalte Wasser. Jetzt beginnt es am ganzen Körper fürchterlich zu kribbeln, aber das soll ja sehr gesund sein, wie uns Sebastian Kneipp schon lehrte. Zum Aufwärmen steht ein Bottich mit warmem Wasser bereit. Und dann gibt es auch noch ein kühles Bier.
Anreise
Mit dem Zug nach München und von dort direkt mit dem Flugzeug nach Rovaniemi oder mit dem Flugzeug von Wien über Helsinki nach Rovaniemi.
Wer öffentlich nach Lappland reisen möchte muss einiges an Zeit einplanen. Zuerst mit dem Eurocity von Wien nach Warschau und dann weiter mit dem Nachtbus nach Tallinn. Von dort mit der Fähre nach Helsinki und von hier weiter mit dem Zug (ca. 8,5 Stunden) nach Rovaniemi. Das finnische Bahnnetz ist sehr gut ausgebaut.
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zuletzt geändert am 12.09.2024